Die Geschichte der Kreuzfahrt

Reisen, entdecken, erleben – diese Begriffe stehen seit Langem in Verbindung mit dem Thema Kreuzfahrten. Die spezielle Reiseform spricht grundlegende Bedürfnisse der Urlauber an, was nicht zuletzt die bis zu Beginn der Corona-Pandemie stetig angestiegene Nachfrage nach Kreuzfahrten belegt.

Im Jahr 2019, dem letzten Jahr vor Corona, unternahmen in Deutschland mehr als 3,1 Millionen Menschen eine Fluss- oder Hochseekreuzfahrt. Zwei Jahrzehnte zuvor war diese Entwicklung nicht vorstellbar. Im Folgenden skizzieren wir die Anfänge einer Bewegung, die in der Gegenwart aus dem Tourismusangebot nicht mehr wegzudenken ist.

carnival magic fort lauderdaleCarnival Magic in Barcelona


Kreuzfahrt heute: vom Flugzeug ins Schiff

Hungersnöte wie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Irland, Arbeitslosigkeit oder Verfolgung zwangen Europäer, sich vor allem in Nordamerika eine neue Existenz aufzubauen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts beförderten Auswandererschiffe Millionen Emigranten in die „Neue Welt“. Das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven und das Immigration Museum auf Ellis Island in New York geben Zeugnis von der Lebensgeschichte der Auswanderer und Auswanderinnen. Diese Schiffsreisen, fast immer im Zwischendeck der Dampfschiffe, waren keine Vergnügungsreisen. Sie sind nicht vergleichbar mit den Kreuzfahrten unserer Zeit.

Die Verbesserungen, die seit den frühen Anfängen der Personenschifffahrt erzielt wurden, sind beträchtlich und erstrecken sich nicht ausschließlich auf den Komfort, das Speisen- und das Unterhaltungsangebot auf den Schiffen, sondern schließen ebenfalls die Anreise ein. Flugzeuge, die uns heute in fremde Länder zu den Abfahrtshäfen der Schiffe bringen, gab es nicht. „Abenteurer“ waren gezwungen, im Binnenland lange Wege zu den Häfen zu unternehmen, um eine Schiffsreise anzutreten. Heute parken Urlauber beispielsweise in Süddeutschland bequem nahe dem Flughafen München, um von dort mit dem Flugzeug zum Einschiffungshafen oder in dessen Nähe zu fliegen.

 

Die Industrialisierung als Transmissionsriemen

Jahrtausende lang war die Schifffahrt auf die Unterstützung der Windkraft und/oder auf die Muskelkraft von Ruderern angewiesen. Die Geschwindigkeit der Schiffe war demgemäß gering, die Reisezeit aufgrund der Launen des Wettergottes ungewiss und eine Schifffahrt war – wie wir schon von Odysseus wissen – äußerst gefährlich. Unter solchen Umständen wäre es niemandem eingefallen, aus reinem Vergnügen auf Schiffen durch die Welt zu reisen.

bremerhaven deutsches auswandererhaus
Bremerhaven Sehenswürdigkeit -  Deutsches Auswandererhaus


Erst die Erfindung der Dampfkraft führte zum Systemwandel. Als Antriebsmittel der Schiffe stand Kohle zur Verfügung, die Schiffe wurden stabiler gebaut und die Sicherheit an Bord nahm zu. Die Dampfschiffe waren schneller als Segelschiffe und außerdem unabhängig von den Widrigkeiten des Wetters. Es war bedeutungslos, ob auf hoher See gerade Flaute herrschte oder ob es stürmte: Das Dampfschiff bahnte sich unabhängig vom Wetter seinen Weg durch die Weiten der Ozeane.

England das Mutterland der Kreuzfahrten

England gilt als Mutterland der Industrialisierung. Noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein versorgte es das agrarisch geprägte Festlandeuropa mit Industriewaren. Es ist kein Zufall, dass die ersten Schiffsreisen mit Passagieren in England stattfanden. Eine besondere Rolle kommt der britischen „Peninsular and Oriental Steam Navigation Company“ zu, die von 1840 an den Post- und Passagierdienst nach Gibraltar aufnahm. Wenig später wurden diese Dienstleistungen ebenfalls für Alexandria in Ägypten und für Indien angeboten. Und es dauerte danach nicht mehr lang, bis das Unternehmen unter der Marke „P&O Cruises“ die ersten Kreuzfahrten anbot. Diese Reisen blieben in England zunächst isolierte Phänomene. Dass Kreuzfahrten keine Wirkung auf die Massen hatten, lag am Puritanismus der Engländer. Gut war, was den wirtschaftlichen Erfolg auf der Insel beflügelte; der „nutzlose“ Zeitvertreib, der Schlendrian wurde dagegen als Sünde empfunden.

 

Der Beginn der Kreuzfahrten in Deutschland

Wie sah es in Deutschland aus? Im Deutschen Reich war die Passion Kaiser Wilhelms II. für die Schifffahrt allgemein bekannt. Die alljährliche Kreuzfahrt zum Nordkap, an dem die Sonne im Sommer nicht untergeht, gehörte zum Urlaubsprogramm des Kaisers. Dessen Beispiel machte bei der wohlhabenden Bevölkerung Schule, und deren Kinder trugen wie selbstverständlich Matrosenanzüge.

nordkap globoNordkap Globo


Albert Ballin machte Kreuzfahrten populär

Als Vater der Kreuzfahrt in Deutschland gilt der Hamburger Reeder Albert Ballin. Er kam zu der Erkenntnis, dass im Winter Transatlantikreisen seiner Passagierschiffe wegen schlechten Wetters und unruhiger See nicht nachgefragt waren. Die Schiffe der Hamburg-Amerika-Linie lagen ohne Beschäftigung auf. Warum nicht die im Winter wenig genutzte Flotte für Bildungs- und Vergnügungsfahrten anbieten? Gedacht, getan. Die erste Mittelmeer-Kreuzfahrt der „Augusta Victoria“ zwischen Januar und März 1891 begeisterte die exakt 241 Teilnehmer derart, dass in den folgenden Jahren zunehmend weitere Kreuzfahrten mit mehr Teilnehmern angeboten wurden. In dieser Zeit wurden richtungsweisende Trends gesetzt. Albert Ballins Ideen einer Bordzeitung eigens für die Zeit der Kreuzfahrt und der allabendlichen Galadinner wurden zum Standard solcher Reisen.

Die anfänglich aufregenden Tagestrips nach Jerusalem, Kairo, Gibraltar, Athen und Istanbul wurden bald darauf um neue Reiseziele erweitert. Bevorzugte Destinationen wurden exotische Länder, spektakuläre Naturwunder, herrliche Strände und bedeutende Städte.
belfast titanic museum
Belfast Sehenswürdigkeit - Titanic Museum


RMS Titanic – die Katastrophe im Nordatlantik

Wie eng Traum und Tragödie beieinander liegen, bewies das Unglück des englischen Kreuzfahrtschiffs „RMS Titanic“ der White Star Line mit insgesamt 1495 Toten. Die RMS Titanic, ein First Class Hotel auf dem Meer und das größte Schiff seiner Zeit, rammte auf ihrer Jungfernfahrt im April des Jahres 1912 einen Eisberg und versank wenig später in den Fluten des Atlantiks. Im Titanic Museum in Belfast wird die Erinnerung an die Katastrophe vor Neufundland aufrechterhalten.

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