22.09.2017 – Vor fast einem Jahr demonstrierten in Venedig Aktivisten mit kleinen Motorbooten und Gondeln gegen große Kreuzfahrtschiffe. Gestern präsentierte der internationale Kreuzfahrtverband CLIA im Rahmen einer Pressekonferenz seine Sicht auf Fakten und Zahlen zum wirtschaftlichen Beitrag der Branche auf die Region und in Sachen Umweltschutz.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Kreuzschifffahrt auf die Region seien enorm. Die Branche beschäftigt am Standort Venedig in 200 Unternehmen in und um Venedig fast 4.300 Mitarbeiter. Die Venedig anlaufenden Kreuzfahrtschiffe bringen insgesamt 437 Millionen Euro Einnahmen. Von denen bleiben 284 Millionen Euro in Venedig.
Kreuzfahrtschiffe am Kreuzfahrtterminal von Vendig
Die Branche bekennt sich zum Erhalt der natürlichen Ressourcen und des Kulturerbes von Destinationen wie Venedig für künftige Generationen. Insofern hätten die CLIA-Mitgliedsreedereien bislang über eine Milliarde US-Dollar in saubere Technologien (z. B. Scrubber/Abgasreinigungssysteme) investiert. Dennoch seien laut Angaben der Umweltbehörde der Region Veneto Kreuzfahrtschiffe in den Sommermonaten für acht Prozent der Emissionen verantwortlich; im Winter fällt die Belastung auf zwei Prozent. In der Zeit sei jedoch gerade das höchste Niveau an Feinstaubbelastung zu verzeichnen.
Seit fünf Jahren wird in Venedig über den Kreuzfahrtverkehr diskutiert. Derzeit haben die Reedereien den Zugang zur Lagune für Schiffe mit mehr als 96.000 Tonnen freiwillig beschränkt. Außerdem wurde die Anzahl der Schiffsanläufe zwischen 2013 (1,8 Millionen Passagiere) und 2017 (1,4 Millionen Passagiere) deutlich reduziert. In den ersten sechs Monaten 2017 habe die Zahl der Passagierankünfte um 72.000 (- 13 Prozent) abgenommen. Dies habe einen negativen Effekt für die gesamte Adria gehabt.
Die Branche droht, dass bei Begrenzung der Tonnage auf 40.000 BRZ für den Bereich der Lagune gegenüber 2012 mit einem Rückgang der Passagierzahlen um 90 Prozent zu rechnen sei. Die wirtschaftliche Auswirkung wäre ein Einnahmenrückgang um 85 Prozent auf nur noch 40 Millionen Euro und eine Reduzierung der Beschäftigtenzahl um 83 Prozent auf nur noch 600 Mitarbeiter.
MS Eurodam vor dem Markusplatz
Der Zugang über eine alternative Route zum Kreuzfahrthafen werde geprüft. Royal Caribbean, Carnival-Costa und MSC haben deshalb zeitnah in gemeinsamen Simulationen mit sechs Schiffen unterschiedlicher Größen mit der Unterstützung von technologischen Instituten in den Niederlanden und Dänemark Tests durchgeführt. Die seien positiv und ermutigend ausgefallen. Der CLIA fordert die Hafenbehörde und den Hafenmeister daher zu weiteren notwendigen Schritten und rechtlichen Maßnahmen auf.