16.04.2020 – Die Kreuzfahrtindustrie ist aus voller Fahrt innerhalb kurzer Zeit abrupt zum Stillstand gekommen. Kreuzfahrt-Unternehmen stehen vor existenziellen Problemen. Komplikationen treffen ebenfalls die mit dem Bau von Kreuzfahrtschiffen befassten Werften. In einer beklemmenden Videobotschaft richten sich der Geschäftsführer der MEYER Werft, Thomas Weigend, und das Familienoberhaupt Bernard Meyer an die Öffentlichkeit.
Gestern berichteten wir über offenkundige Finanzsorgen der MV Werften in Mecklenburg-Vorpommern. Heute beleuchtet eine über YouTube veröffentlichte Videobotschaft der Geschäftsführung der MEYER Werft die Lage der in Privathand befindlichen MEYER-Werftengruppe mit Standorten in Deutschland und Finnland.
Die COVID-19-Pandemie trifft nach Ansicht der Werftverantwortlichen die Kreuzfahrtunternehmen drastischer als die Terroranschläge vom 11. September 2001 oder die Finanzkrise von 2008/2009. Kreuzfahrtschiffe liegen ohne Beschäftigung auf. Kreuzfahrtveranstalter kämpfen um das Überleben. Das Jahr 2020 wird von schmerzhaften operativen Verlusten der Kreuzfahrtgesellschaften gezeichnet sein. Wenn es gut läuft, endet das Jahr 2021 mit ausgeglichenen Ergebnissen. Gewinne seien erst ab 2022 zu erwarten.
Für die Werften bedeutet das, dass Überkapazitäten bestehen. Auf kurze Sicht werden Neubauten nicht gebraucht. Auf mittlere Sicht dürfte es zu Verschiebungen der Ablieferungen kommen. Langfristig betrachtet werden keine Kreuzfahrtschiffe bestellt.
MEYER Werft - Ovation of the Seas verlässt das Baudock
Aktuell ist die MEYER Werft am Standort Papenburg bis 2023 ausgelastet. In Turku/Finnland besteht Auslastung bis ins Jahr 2024. In Papenburg werden pro Jahr zwei große und ein kleines Kreuzfahrtschiff gebaut. Die Konsequenz ist, dass die Werft zur Sicherung der Beschäftigung zukünftig ein großes und ein kleines Schiff bauen wird. Die Arbeitsleistung ist um 40 Prozent zu reduzieren.
Die Werft wird in dieser Lage auf Investitionen verzichten. Es werden keine Neueinstellungen vorgenommen. Weitere Arbeitsmaßnahmen sind: Die Einführung von Kurzarbeit, Verzicht auf Überstunden, Abbau von Urlaub sowie die Reduzierung der Arbeitnehmerüberlassung und der Vertragsmitarbeiter.
Laut Bernard Meyer muss es Unternehmensziel sein, das Bauprogramm zu strecken und Stornos von Bestellungen zu vermeiden. Er sagt voraus, dass erst im Jahr 2030 die Lage der Werft wie im Jahr 2019 sein wird.
Dramatische Lage im Kreuzfahrtmarkt - Auswirkungen auf MEYER Gruppe