14.10.2019 – Im Hafen liegende Hochseeschiffe erzeugen im Allgemeinen den für die Bordnetze benötigten elektrischen Strom über die schiffseigenen Dieselmotoren. Am 10. Oktober kamen das Bundeswirtschaftsministerium und die norddeutschen Küstenländer überein, die Stromversorgung von Schiffen in den Häfen zu verbessern. Der Bund beabsichtigt, den Aufbau neuer Landstromanlagen in deutschen Häfen mit 140 Millionen Euro zu fördern.
In deutschen Häfen kommt die Reedereien der Landstrom, sofern er geboten wird, dreimal so teuer wie die Stromerzeugung mittels schiffseigener Dieselaggregate. Solange dieses Handicap besteht, verzichten Reedereien auf Landstrom. Die Bundesregierung und die fünf Küstenländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern haben auf diesem Gebiet Verbesserungsbedarf erkannt. Die dafür vorgesehenen Maßnahmen: Die EEG-Umlage für den Landstrom wird auf 20 Prozent begrenzt, und der Bund wird den Aufbau neuer Landstromanlagen in den Häfen mit 140 Millionen Euro fördern. Das Vorhaben bedarf der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates.
Der internationale Kreuzfahrtverband CLIA begrüßt die Absichtserklärung als Schritt in die richtige Richtung. Es sei das Anliegen der Kreuzschifffahrt, verursachte Umweltbelastungen weiterhin zu reduzieren. Dazu gehört die Option, während der Liegezeit sauberen Strom von Land zu beziehen.
Unter Dampf - Norwegian Pearl im Hafen von Juneau/Alaska
Was sagt TUI Cruises als deutsches Branchenschwergewicht zu diesem Thema? TUI Cruises begrüßt das angekündigte Förderprogramm. Das Unternehmen betont, mit der jüngsten und umweltfreundlichsten Flotte weltweit zu fahren. Bereits jetzt arbeiten Abgasnachbehandlungssysteme an Bord der Schiffe. Mittels Landstrom könnten die Emissionen während Liegezeiten in deutschen Häfen auf „Null“ gesenkt werden.
Mein Schiff 4 und Mein Schiff 5 werden ab 2020 Landstrom beziehen. Bis zum Jahr 2023 werden alle Flottenmitglieder auf Landstrom vorbereitet sein. Das Unternehmen betont, dass schon heute die Schiffe von TUI Cruises höchste Standards erfüllen: Die Hilfsmaschinen an Bord, die ausschließlich im Hafen während der Liegezeit laufen, erfüllen dank der eingebauten Katalysatoren seit 2014 den TIER III Standard für Stickoxid-Emissionen. Der auf sechs von sieben Schiffen eingebaute Hybrid-Scrubber filtert darüber hinaus bis zu 99 Prozent der Schwefelemissionen und 60 Prozent der Partikel.
Mein Schiff 2 im Hafen von Puerto del Rosario
Die Krux ist: Eine (selten genutzte) Landstromanlage gibt es bisher nur in Hamburg. Im Kieler Hafen ist eine Anlage in Vorbereitung. Und ein Fakt darf nicht übersehen werden: Der Anteil der Kreuzfahrtschiffe am weltweiten Schiffsaufkommen macht weniger als ein Prozent aus. Die Kreuzfahrtindustrie hat nach seriösen Schätzungen maximal 0,6 Prozent Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß. Was ist mit den anderen 99,4 Prozent?