Unser Kreuzfahrtschiff, die MS Nieuw Statendam der Holland America Line, legt im Rahmen einer ausgedehnten Nordland-Reise für einen Tag im norwegischen Ålesund an. Im Hafen erwartet uns bereits die Celebrity Silhouette, mit der wir sieben Jahre zuvor eine Kreuzfahrt durch das östliche Mittelmeer unternahmen.
Kreuzfahrtschiffe in Ålesund
Ålesund – die Stadt des Jugendstils
Die offizielle, vom Land Norwegen initiierte Website „visitnorway.de“ nennt Ålesund unter den zehn meistbesuchten regionalen Zielen des Landes. Wirtschaftlich und kulturell hat die Stadt eine überregionale Bedeutung. Darüber hinaus ist Ålesund für seine Jugendstilarchitektur bekannt. Der verheerende Stadtbrand des Jahres 1904 vernichtete die vormals in Holzbauweise errichteten Häuser nahezu vollständig. Zehntausend von insgesamt 12.000 Einwohnern verloren ihr Zuhause. Der darauf folgende Neubeginn ließ die Stadt zum Beispiel für europäische Jugendstilarchitektur werden. Das Jugendstilzentrum (Jugendstilsenteret) und das KUBE Museum sollten bei einem Stadtrundgang unbedingt angesehen werden. Und noch eine Anmerkung für Gäste mit mehr Aufenthaltszeit: Ålesund liegt am Eingang des wundervollen UNESCO Weltnaturerbes Geirangerfjord.
Ålesund - vor uns das Jugendstilsenteret
Ålesund – Stadtrundgang und Rundfahrten
Unseren Ålesund Stadtrundgang auf eigene Faust beginnen wir an den beiden Liegeplätzen der Kreuzfahrtschiffe Prestebrygga und Stornespiren. Ein repräsentatives Kreuzfahrtterminal fehlt, und wird im Übrigen kaum vermisst. Ålesund ist einer jener Orte, die sich Passagieren von Kreuzfahrtschiffen wie ein Bilderbuch öffnen. Die städtische Touristeninformation unterstützt wissbegierige Gäste. Sie unterhält am Kreuzfahrtterminal eine Außenstelle.
Wer nicht gut zu Fuß ist, oder sich nicht traut, eine beschauliche Stadt wie Ålesund zu durchstreifen, der nutzt die relativ teuren Angebote der roten Hop-On-Hop-Off-Busse der City Sightseeing Norway oder den City Train. Letzterer lädt wie die Sightseeing-Busse vor dem Prestebrygga und Stornespiren zu einer Rundfahrt ein. Die Hop-On-Hop-Off-Busse steuern acht Haltepunkte an. Der City Train macht 70-minütige Stadtrundfahrten, die hinauf auf den Fjellstua Aussichtspunkt führen und dort einen 15-minütigen Zwischenstopp zulassen. Später mehr zu dieser Option.
Ålesund auf eigene Faust
Vom Kreuzfahrtschiff gesehen erschließt sich der Charme der Stadt nicht sofort. Zuerst sehen wir den Busbahnhof, den modernen Zweckbau des Rathauses und auswechselbare Geschäftsbauten. Sie könnten in jeder skandinavischen Stadt stehen. Ein Hop-On-Hop-Off-Bus und der City Train erwarten vor den Schiffsliegeplätzen ihre Fahrgäste.
Ålesund - das Rathaus in der Bildmitte
Wir verzichten auf beide Verkehrsmittel. Stattdessen gehen wir in Richtung Innenstadt und stehen kurz darauf am Ålesundet, einem schmalen Meeresarm, der im Stadtzentrum endet. Wir sehen auf der anderen Seite des Meeresarms den Apotekertorget mit dem Jugendstilsenteret sowie die lebensgroße Skulptur des „Fiskergutten“, des Fischerjungen. Das im Jahr 1967 geschaffene Denkmal galt als Symbol für die Zukunftserwartungen junger Männer. Was konnten die in einer damals wie heute vom Fischfang geprägten Stadt anderes werden als Fischer?
Ålesund Kirke
Ålesund ist eine Stadt der kurzen Wege. Nicht einmal zehn Minuten dauert es, bis wir die an der Kirkegata gelegene und aus Naturstein erbaute Ålesunder Kirche zu Fuß erreichen.
Ålesund Kirke
Wie so viele andere Gebäude fiel die im Jahr 1855 geweihte vorherige Kirche dem großen Stadtbrand des Jahres 1904 zum Opfer. Es empfiehlt sich, einen Blick ins Innere des neuen Gotteshauses zu werfen. Sehenswert ist das aus Lindenholz geschnitzte Altarbildnis. Es stellt den Heiland und seine Jünger im Garten von Gethsemane beim Gebet vor. Das Taufbecken wurde aus Carara-Marmor gehauen. Der Chor glänzt mit einer Fülle Freskomalereien. Schön sind ebenfalls die Buntglasfenster der Kirche: sie wurden im Jahr 1946 eingesetzt.
Hinter der Kirche liegt der gepflegte Friedhof. Auffällig ist dort das aus Granit gefertigte Denkmal „De falne til minne“. Das zweieinhalb Meter hohe Monument zeigt eine trauernde Familie: Vater, Mutter und Kind. Das Denkmal ist den Gefallenen des Zweiten Weltkriegs gewidmet.
Storhaugen View
Wir folgen für kurze Zeit der Kirkegata, bis wir zur Statsråd Daaes gate gelangen. Diese Straße führt steil hinauf ins Stadtwäldchen Storhaugen, die Betonung liegt auf „Wäldchen“. Der kaum erwähnte und eher verborgene Storhaugen View bietet einmalige Ausblicke auf die von Meeresarmen durchzogene Küstenlinie und vorgelagerte Inseln, wie Godøya. Außerdem bietet der Aussichtspunkt gute Blicke auf Ålesunds Zentrum. – Als nächstes Ziel bietet sich das wieder auf Meeresniveau gelegene Fiskerimuseet, das Fischereimuseum an.
Fiskerimuseet
Den Zwecken des Fischereimuseums dient ein restauriertes Speichergebäude aus dem Jahr 1861. Die Sammlung präsentiert auf vier Stockwerken die Geschichte des Fischfangs, der Verarbeitung und des Handels mit Fischereiprodukten in Ålesund. Es erzählt die Geschichte des Fischerhandwerks vor und nach dem Stadtbrand von 1904. Und es schildert das Leben und den Widerstand der Einwohner während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg.
Ålesund - Fischereimuseum
Molja – der älteste Wellenbrecher Norwegens
Neben dem Fiskerimuseet liegt Molja, der älteste Wellenbrecher Norwegens. Der Damm entstammt dem Jahr 1854. Am Ende der Mole ragt das Molja fyr auf, das rote Leuchtfeuer. In der Gegenwart dient der Bau dem Ålesunder Hotel Brosundet als Zimmer für Flitterwöchner. Das angrenzende Hafenbecken wird als Yachthafen genutzt.
Dem ehemaligen Leuchtfeuer liegt das Hurtigruten-Terminal gegenüber. Und über allem ragt der Fjellstua Aussichtspunkt auf. Den besuchen wir noch im Laufe des Tages. Als Nächstes passieren wir viele Jugendstilbauten bis wir zum Apotekertorget und zum Jugendstilcenter und KUBE Museum gelangen.
Jugendstilsenteret og KUBE
In der ehemaligen Svaneapoteket fand Ålesunds Jugenstilcenter seine Bleibe. Es erfüllt seit dem Jahr 2003 zwei Aufgaben: Es ist ein Museum und zugleich das nationale Zentrum des Jugendstils. Die Einrichtung bietet mittels permanenter und temporärer Ausstellungen intensive Einblicke in diese Stilrichtung.
Im ersten Obergeschoss des Jugendstilsenteret sehen die Besucher ein auserlesen eingerichtetes Speisezimmer mit speziell für diesen Zweck entworfenen und produzierten Möbeln. Der vom Innenarchitekten bis ins kleinste Detail geplante Raum gilt als „Gesamtkunstwerk“.
Ålesund - Speisezimmer im Jugendstilsenteret
Die „Zeitmaschine“ versetzt die Besucher zurück in die Zeit des großen Feuers. Auf mehr als zwanzig Bildschirmen entstehen mittels Videos, Fotos und Animationen audiovisuelle Effekte. Sie vermitteln den Besuchern intensive Eindrücke des Feuers und des darauf folgenden Wiederaufbaus der Stadt.
Besucher wechseln durch einen unterirdischen Gang ins KUBE, das Kunstmuseum der Provinz Møre og Romsdal. Gemeinsam mit dem Jugendstilzentrum bildet es die Stiftung Kulturkvartalet.
Fjellstua Aussichtspunkt
Unser letztes Tagesziel, der Fjellstua Aussichtspunkt, liegt an Ålesunds 189 Meter hohem Hausberg Aksla. Fjellstua steht im Norwegischen für Berghütte. Wie eine einfache Berghütte wirkt das ungefähr in 130 Meter Höhe gelegene Restaurant allerdings nicht. Von der Höhe genießen Besucher bei guter Sicht fantastische Blicke auf die Stadt, die umgebenden Inseln sowie die im Juni noch schneebedeckten Gipfel der Sunnmøre-Alpen.
Wie hinkommen? Um auf die Höhe zu gelangen, gibt es mehrere Alternativen. Autofahrer nutzen ihr Auto, auf das mit Kreuzfahrtschiffen angereiste Besucher zwangsläufig verzichten müssen. Es besteht die Möglichkeit, die Höhe über 418 Treppenstufen zu erklimmen. Die gepflegten und beleuchteten Stufen der Akslatrappa beginnen am Stadtpark, führen am Byrampen Utkikkspunkt vorbei und enden am Fjellstua Restaurant.
Ålesund - zum Fjellstua Aussichtspunkt führende Treppen
Wir meiden diese Mühe des Aufstiegs und buchen stattdessen in der Nähe des Kreuzfahrtterminals eine Stadtrundfahrt mit dem „City Train“. Im Verlauf der 70-minüten Tour halten die Miniaturzüge für eine Viertelstunde auf der Höhe. Die Fahrt verbindet die zuvor beschriebenen Sehenswürdigkeiten Ålesunds mit der kräftesparenden Beförderung zum Restaurant und Aussichtspunkt.
Die Fahrt belastet im Jahr 2023 das Reisebudget mit 290 NOK, entsprechend 24,70 Euro.
Fazit
Selbstverständlich gibt es wesentlich mehr in Ålesund und seiner Umgebung zu sehen, als bei unserem „Ålesund – Landgang auf eigene Faust". Bei mehrtägigen Aufenthalten bietet sich das Freiluftmuseum Sunnmøre mit seinen 55 Häusern für einen Besuch an. Europas größtes Salzwasser-Aquarium mit seinen Fischen, Robben und Pinguinen ist ebenfalls eine Visite wert. Ein Ausflugsziel ist auch der Leuchtturm von Alnes. Er liegt im gleichnamigen Fischerdorf auf der Insel Godøy.
Für einen Kurzaufenthalt im Verwaltungszentrum der norwegischen Provinz Møre og Romsdal empfehlen wir ausschließlich die benannten stadtnahen Attraktionen. Das vom Jugendstil geprägte Stadtbild sucht seinesgleichen in Europa. – Ålesund ist sehenswert und der geeignete Ort für unbeschwerte Entdeckungen.
Juni 2023