Wer sich länger als einen Tag in Istanbul aufhält, dem sei die Nostalgic Bosporus Tour mit dem Linienschiff zur Ergänzung des anstrengenden „Pflichtprogramms“ empfohlen. Wir hatten diese schöne Fahrt vorher bereits mehrfach absolviert, zuletzt vor etwa 15 Jahren. Die Zeiten ändern sich und damit auch die Nachfrage für solche Touren. Während man vor 15 Jahren mit wenigen anderen Touristen auf den Linienschiffen zusammen mit den Anwohnern quasi wie mit dem Omnibus zu Wasser unterwegs war, haben mittlerweile wohl viele Individualreisende den Bosporus als entspannendes Reiseziel für sich entdeckt. Die Betreiber der Linie vermarkten die Fahrt seitdem als Nostalgic Bosporus Tour, ohne dass sich damit wirklich etwas geändert hätte. Außer, dass man nun in der Saison von vielen Touristen umgeben ist.
Wir lagen mit der Mariner of the Seas am Karaköy-Ufer, nicht weit vom Ausgangspunkt der Bosporus-Fahrt entfernt. Wie kommt man dorthin? Zu Fuß oder mit der Trambahnlinie 1 geht es über die Galatabrücke zum Eminönü-Ufer. Der Fußweg nahm von unserem (hintersten) Liegeplatz ca. 20 Minuten in Anspruch. Am Ende der Brücke links die Treppe hinunter, schon waren wir am richtigen Anleger. Das Ticket kostete 25 TL (gut 10,00 Euro). Frühzeitiges Erscheinen, ½ Stunde vor Abfahrt, empfiehlt sich, sofern man auf dem Oberdeck einen Schattenplatz ergattern möchte. Drei mal täglich verkehren die Linienschiffe auf dieser Route. Wir raten ausschließlich zum ersten Termin um 10.35 Uhr.
Abgelegt wurde – wie nicht anders zu erwarten - pünktlich. Die Fahrt bis Anadolu Kavağı auf dem asiatischen Ufer dauert 1 ½ Stunden. Vom Schiff aus bestaunten wir den 62 Meter hohen Galata-Turm. Danach folgten an Backbord die Cruiser, bevor wir den Dolmabahçe-Palast mit seinen 600 Metern Frontlinie zum Bosporus passierten.
Dahinter folgten die Ortaköy-Moschee und die erste Bosporus-Brücke, die Europa mit Asien verbindet. Am asiatischen Ufer sahen wir den aus weißem Marmor erbauten Beylerbeyi-Palast, die ehemalige Sommerresidenz der Sultane. An Backbord folgte Rumeli Hisarı, eine gewaltige Festung aus osmanischer Zeit, die dem Vernehmen nach im Jahr 1452 in 120 Tagen zum Zwecke der Belagerung Konstantinopels errichtet wurde. Der Produktionsfaktor Arbeit war offenbar auch schon in jenen Zeiten be-stimmend für den Erfolg eines Unternehmens. Gegenüber auf der östlichen Seite liegt eine kleinere Vorburg.
Hinter der zweiten Bosporus-Brücke legte das Schiff erstmals in Kanlica am asiatischen Ufer an. Weiter ging es nach Sariyer, das wieder auf europäischer Seite liegt. Dann folgte Rumeli Kavağı, ein malerischer Ort ebenfalls auf europäischer Seite, bevor das Schiff ein letztes Mal auf der asiatischen Seite in Anadolu Kavağı anlegte. Der Ort sieht mit seinen zweistöckigen, farbigen Häusern hübsch und friedlich aus. Unabhängig davon reiht sich ein Fischlokal ans andere. Vermutlich erfreuen Hunderte von Tagesgästen die Gastronomie. Apropos Gastronomie, auf dem Bosporusschiff wird man gegen kleines Geld mit Getränken, Eis etc. versorgt.
Empfehlenswert ist in Anadolu Kavağı ein Aufstieg zum Yoros-Kastell, auch wenn der Weg hinauf recht anstrengend ist. Nichts für handicapped persons! Während man vor 15 Jahren dort oben mit sich und der Welt allein war, kann man sich heutzutage kaum vor Besuchern retten. Der Blick in Richtung des Schwarzen Meers entschädigte für die Mühe. Wer will, kann unterhalb des Kastells oder im Ort einen Drink oder Imbiss zu sich nehmen, bevor er um 15.00 Uhr das erste zurück gehende Linienschiff besteigt. Wir entschieden uns für ein rustikales Restaurant unterhalb des Forts.
Fazit: Eine wunderschöne Tour. Vor allem im Sommer bei gutem Wetter. Für wenig Geld wird dem Besucher eine Menge geboten. Uns als zeitweilige Wahl-Hamburger erinnerten die bebauten Hänge am Wasser häufiger an Othmarschen und Hamburg-Blankenese. Wie wir bereits vor vielen Jahren hörten, soll auch das Preisniveau für den Erwerb eines Daches über dem Kopf mit Hamburgs Nobeladressen vergleichbar sein.