Rostock – Deutschlands meist besuchtes Kreuzfahrtziel
Deutsche und internationale Urlauber bevorzugen Ostsee-Kreuzfahrten. Russland und die baltischen Staaten ansteuernde Kreuzfahrtschiffe laufen vorzugsweise die Häfen Kiel und Rostock-Warnemünde an. Rostock-Warnemünde führt unter den deutschen Kreuzfahrtdestinationen die Rangliste an. In Rostock legen die meisten Schiffe am Cruise Terminals im Stadtteil Seebad Warnemünde an. Nur wenige, kleinere Schiffe werden bei mangelndem Platz in Warnemünde in Rostocks Industriehafen dirigiert.
Kreuzfahrtterminal Warnemünde
Wenn Kreuzfahrtschiffe Warnemünde besuchen, genießt bei internationalen Gästen die deutsche Hauptstadt Berlin eine hohe Priorität. Warnemünde und die Berliner Siegessäule trennen rund 235 Kilometer. Die große Distanz und eine jeweils knapp dreistündige Busfahrt halten internationale Kreuzfahrtgäste nicht davon ab, Busausflüge nach Berlin zu unternehmen.
Unser Schiff hat in Warnemünde angelegt, uns zieht es jedoch nicht nach Berlin. Stattdessen nutzen wir einen Teil des Tages für den Besuch der Rostocker Altstadt. Den Rest bringen wir im Seebad Warnemünde zu. Nicht unbedingt wegen des vorbildlich gepflegten Strandes oder wegen des Spielcasinos im Kurhaus, sondern weil das Seebad ein passendes Ferienziel mit hübschen Straßen und historischen Fischerhäusern ist.
Warnemünde - Straße Am Strom
Das historische Zentrum der Hansestadt
Wir erkunden Rostock im Verlauf einer individuellen Tour. Vom Cruise Terminal gehen wir nur wenige Minuten bis zur S-Bahn-Station Warnemünde. Die viertelstündlich verkehrenden S-Bahn-Züge verbinden das Seebad mit dem Rostocker Hauptbahnhof. Den erreichen wir in einer 20-minütigen Fahrt. Im Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs steigen wir in eine Tram der Straßenbahn-Linie 6 und fahren fünf Stationen bis zur Station Kröpeliner Tor in der Lange Straße. Dort beginnen wir unseren Rundgang durch Alt-Rostock.
Kröpeliner Tor
Das sechsgeschossige, prächtige Kröpeliner Tor ist 54 Meter hoch. Ursprünglich war es ein wesentlicher Bestandteil der Rostocker Stadtbefestigung. Bereits im Jahr 1400 wurde der ursprünglich nur zweigeschossige Bau auf die heutige Höhe erweitert. Sein aktuelles Erscheinungsbild erhielt das Tor im 19. Jahrhundert. Im Gebäudeinneren erfährt man mehr über die ehemalige Stadtbefestigung.
Die Stadtbefestigung mit den Wallanlagen datiert aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Teile der Wälle sind noch heute erhalten. Das längste Stück erstreckt sich auf 450 Meter Länge südwestlich des Kröpeliner Tors. Es lohnt sich, einen kleinen Umweg über die Wallanlage einzulegen.
Wallanlage
Wir verlassen die Wallanlage und steigen hinunter zum Kloster zum Heiligen Kreuz. Die dänische Königin Margarete I. stiftete das ehemalige Zisterzienser-Nonnenkloster im Jahr 1270. Heutzutage ist es Sitz des Kulturhistorischen Museums und der Universitätskirche. Die Anlage ist für jedermann zugänglich. Einige unauffällige Häuser beherbergen Läden, und in einem schmalen Haus ist seit 1993 das Kemposwski-Archiv untergebracht. Der bekannte Schriftsteller Walter Kempowski ist ein Sohn der Stadt.
An das Gelände des ehemaligen Klosters schließt sich der Universitätsplatz an. Dort stehen das Hauptgebäude der Universität, das Stadtpalais und der Brunnen der Lebensfreude. Auch ein Standbild des in Rostock geborenen Generalfeldmarschalls von Blücher bekommen wir zu sehen.
Hauptgebäude der Universität Rostock
Die Universität ist die älteste Universität Nordeuropas. Sie wurde im Jahr 1419 gegründet. Das Hauptgebäude am Universitätsplatz wurde im Renaissance-Stil errichtet.
Der Brunnen der Lebensfreude wurde 1980 von den Rostocker Künstlern Jo Jastram und Reinhard Dietrich gestaltet. Die aus 20 Figuren und 18 Wasserfontänen bestehende Brunnenanlage wirkt ausgesprochen sinnenfreudig. Der Brunnen zeigt Lebensfreude pur mit nackten herumtollenden Personen beiderlei Geschlechts, Wildschweinen und Möwen. So recht passt das nicht in unser Weltbild des trockenen, norddeutschen Lebens; aber gefallen hat es uns schon.
Brunnen der Lebensfreude
Zunächst folgen wir der Kröpeliner Straße. Die Fußgängerstraße führt vom Kröpeliner Tor bis zum Neuer Markt. Sie ist die Haupteinkaufsstraße im historischen Stadtzentrum. Hier sehen wir vor allem die Geschäfte bekannter Laden-Ketten, Bäckereien oder Cafés. Es sieht so aus wie in allen Gegenden Deutschlands. Ungewohnt und staunenswert sind dagegen die traditionsreichen, überwiegend restaurierten Giebelhäuser der Straße. Etwas ganz Besonderes ist die Stadtbibliothek. Das Gebäude ist ein herausragendes Beispiel norddeutscher Backsteingotik.
Die Marienkirche – Rostocks größte Kirche
Unser nächstes Ziel ist die Marienkirche. Sie ist nicht nur die größte sondern auch die schönste Kirche der Stadt. Die Kirche ist wegen ihrer Größe, ihrer Orgel, ihres Altars und wegen ihrer astronomischen Uhr, der Reloj Astronomico, wirklich sehenswert. Erbaut wurde sie zwischen 1290 und der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die astronomische Uhr wurde 1472 eingebaut. Die evangelisch-lutherische Hauptkirche der Stadt wirkt kühl und nüchtern. Der zur Reformationszeit einsetzende Bildersturm hat die Marienkirche von allem Überflüssigen befreit. Sehenswert ist außerdem der Westbau mit dem Turmmassiv.
Von der Marienkirche gehen wir zum Neuer Markt hinüber. Er ist einer von ursprünglich drei Marktplätzen Rostocks. Die Bebauung des Marktes wurde allerdings durch die Bombardements der Stadt Ende April 1942 zwar stark beeinträchtigt. Auf dem Platz wird noch regelmäßig Markt gehalten; außerdem wird er für saisonale Veranstaltungen genutzt.
Möwenbrunnen und Häuser am Neuer Markt
Am Neuer Markt steht Rostocks Rathaus. Es heißt, der mit den historischen Rathäusern Lübecks und Stralsunds vergleichbare Bau sei einer der bedeutendsten in Backsteingotik errichteten Profanbauten des Ostseeraums.
Rostocks Rathaus
Der Möwenbrunnen auf dem Neuer Markt ist jüngeren Ursprungs. Vier Meeresgötter gruppieren sich um eine von einer Möwe besetzten Säule. Die Götter sind: der römische Wassergott Neptun mit dem Dreizack, der griechische Meeresgott Nereus sowie die in eine Muschel blasenden Triton und Proteus. Uns fällt in diesem Zusammenhang auf, dass Rostock viele sehenswerte, öffentliche Brunnenanlagen besitzt.
Vom Rathaus gehen wir ein paar Schritte durch die Große Wasserstraße zum Kerkhoffhaus. Es ist eines der namhaftesten Rostocker Baudenkmäler. Benannt ist es nach dem Ratsherren Bartold Kerkhoff. Der ließ das Patrizierhaus um 1470 errichten. Die Hausfront mit den reichhaltigen Terrakottaverzierungen entstammt dem 16. Jahrhundert. Das Gebäude wird von der Stadt Rostock genutzt.
Kerkhoffhaus
Vom Neuen Markt führt die Steinstraße zum nahe gelegenen Steintor, einem mächtigen Torgebäude. Neben dem Steintor steht das ehemalige Ständehaus. Es war ursprünglich der Versammlungsort für die Union der Landstände Mecklenburg-Vorpommerns. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Backsteinbau errichtet. Heute nutzt das Oberlandesgericht Rostock das Gebäude. Vor dem Ständehaus liegt der Rosengarten, eine weitläufige Parkanlage. Nach Westen geht der Park in die Wallanlage über. Auf der gegenüberliegenden Seite des Stadttors stehen die Reste der vormaligen Rostocker Stadtmauer.
Die Nikolaikirche und die Petrikirche
Am Steintor biegen wir in die Straße Hinter der Mauer ein und gehen bis zur Nikolaikirche. Mit dem Bau wurde im Jahr 1230 begonnen. Sie war eine der vier Kirchen der Innenstadtgemeinde. Die Hallenkirche wird nicht mehr für Gottesdienste genutzt. Das Backsteingebäude wird für Konzerte, Ausstellungen und Podiumsveranstaltungen genutzt. Im Turm sind Büros und Diensträume der Kirchenverwaltung untergekommen, und im weitläufigen Kirchendach wurden drei Wohnetagen eingebaut. Zu bestimmten Zeiten darf das Kircheninnere besichtigt werden.
Rostock - Nikolaikirche
Durch die Altschmiedestraße gehen wir bis zur Petrikirche am Alter Markt. Mit 117 Meter Höhe besitzt sie den höchsten Kirchturm aller Rostocker Kirchen. Ein erster Kirchenbau entstand um 1300. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde er durch eine in Backsteingotik errichtete dreischiffige Basilika ersetzt. Die Luftangriffe des Jahres 1942 fügten auch der Petrikirche schwere Schäden zu. Zur Sicherung der Bausubstanz wurden Zwischenwände in die Kirchenschiffe eingezogen. Außerdem erhielt das Hauptschiff in 24 Meter Höhe eine Zwischendecke. Bei klarer Sicht ist eine Turmbesteigung empfehlenswert. Ein Aufzug bringt die Besucher auf 45 Meter Höhe. Der Rundumblick ist phänomenal.
Kosten der Aufzugfahrt: Erwachsene 4 Euro
Rostocks Petrikirche
Von der Aussichtsplattform der Petrikirche sind die Flusslandschaft des Flusses Warnow und der Stadthafen gut zu sehen. Beide sehen wir kurz danach aus nächster Nähe. Dazu gehen wir hinüber zur Silohalbinsel, wo wir uns zuerst der Rostocker Hauptverwaltung der AIDA Cruises widmen. Die liegt neben einer Kaianlage. Der folgen wir in Richtung der Bootsstege bis zum Alten Tretkran. Die Krananlage ist ein verkleinerter Nachbau eines Tretkrans aus dem 18. Jahrhundert. Wir lernen, dass, bevor es Maschinen gab, Lasten mit Muskelkraft von Menschen oder Tieren gehoben werden mussten.
Bevor wir am Tretkran ankommen, werfen wir auf Höhe des Lokschuppens noch einen Blick auf das gegenüberliegende, klassizistische Mönchentor. Es wurde im Jahr 1805 neu errichtet, und es besitzt eine bemerkenswerte Größe.
Das Mönchentor
Knapp hinter dem Tretkran queren wir die Straße Am Strande und gehen in die Wokrenter Straße hinein. Eine Wegmarke ist uns dabei das Lokal Zur Kogge. Mehrere repräsentative Giebelhäuser zieren die Straße. Nur zwei der Häuser sind Originale, alle übrigen Bauten sind neueren Datums. Das Haus an der Wokrenter Straße 40 ist original und das beste Beispiel eines spätgotischen Rostocker Giebelhauses aus dem 15. Jahrhundert.
Wokrenter Straße mit dem Hausbaum Haus
Das Haus darf besichtigt werden. Sehenswert sind vor allem der Saal im Erdgeschoss, der Salon im Obergeschoss und das Kellergewölbe.
Natürlich gäbe es noch mehr zu sehen. Das Haus der Musik, das Krahnstöver Haus oder das Kuhtor. Da wir an unserem einzigen Besuchstag in Rostock jedoch noch einige Eindrücke des Seebades Warnemünde erhaschen möchten, ist es an der Zeit, mit der S-Bahn nach Warnemünde zurückzufahren. Wir belassen es bei der Feststellung einer der netten Damen der Rostocker Tourist-Information: „Wenn Sie das alles gesehen haben, müssen Sie ansonsten nichts mehr ansehen“. Wir verlassen Rostock mit der Überzeugung, dass seit der Wende und der friedlichen Revolution in der DDR Beachtliches im historischen Zentrum Rostocks geschaffen wurde. Wenn dazu noch – wie in unserem Fall – das Wetter passt, ist Rostock einen Besuch wert.
Empfehlung:
Am Universitätsplatz liegt die Tourist-Information Rostock. Dort starten kleine Panoramabusse zu etwa 45 minütigen Stadtrundfahrten. Die Rundfahrten werden für 12 Euro angeboten. Busrundfahrten werden in Rostock ebenfalls mit Hop-On-Hopp-Off Bussen angeboten.
Rostocks Straßenbahnen starten und halten im Tiefgeschoss des Hauptbahnhofs.
Panorama-Stadtrundfahrtbus
Warnemünde in 90 Minuten entdecken
Wir verlassen den kleinen Bahnhof von Warnemünde und queren das Hafenbecken am Alten Strom. An der Ecke Am Strom/Kirchenstraße liegt die Warnemünder Vogtei. Der ehemalige dänische Palast geht auf das Jahr 1250 zurück. Später war sie der Sitz der schwedischen und französischen Vögte und ab 1605 Sitz des Rostocker Vogtes. Aktuell wird die Vogtei von der Tourismuszentrale und Tourist-Information Warnemünde genutzt.
Warnemünde - Alte Vogtei
Die Vogtei war auch immer Brauerei und Schänke. In diesem Zusammenhang vernehmen wir eine bemerkenswerte Zahl: Zur Blütezeit der Hanse war Rostock berühmt für sein Brauwesen. Chronisten berichten von 200 Brauereien, deren Produkte im Ostseeraum gehandelt wurden.
Wir gehen rechts in die Alexandrinenstraße hinein. Diese und die parallel verlaufende Straße Am Strom waren die allerersten Straßen Warnemündes. Wir bewundern die alten und kleinen Giebelhäuser, die ehemals von Fischern, Seeleuten und Lotsen bewohnt wurden. An der Hausnummer 31 steht das Heimatmuseum. Wir folgen der Straße in nördlicher Richtung und stehen kurz danach vor dem kleinen Brunnen Warneminner Ümgang. Wir zählen 19 festlich gekleidete Bronzefiguren, die sich auf dem Weg zum Rostocker Vogt befinden.
Alexandrinenstraße
Nach mehreren Hundert Metern wechseln wir nach rechts in die Straße Am Strom. Die verläuft parallel zum Wasserarm Alten Strom. Dort sind Fischkutter, Fahrgastschiffe, Yachten und Segelboote vertäut. Die am Strom liegenden Häuser beherbergen Cafés, Lokale und viele kleine Geschäfte.
Am Strom
Wir gehen allerdings nicht bis zum Ende der Westmole, sondern biegen in die Straße Am Leuchtturm ein. Und gleich darauf sehen wir zwei der typischen Warnemünder Wahrzeichen. Das eine ist der 30 Meter hohe Leuchtturm, der zwischen 1897 und 1898 aus weiß glasierten Ziegelsteinen gebaut wurde. Das andere ist der Teepott. Das Gebäude ist eine kugelförmige architektonische Leistung aus DDR-Zeiten.
Teepott und Leuchtturm
Nun folgen wir der Promenade; unsere Wegmarke ist das Hochhaus des NEPTUN Hotels. Neben der Promenade liegt der breite, gepflegte Strand. Unzählige Strandkörbe warten auf Gäste. Am Haus des Kurgastes, dem im Bauhausstil errichteten Kurhaus, verlassen wir die Seepromenade. Im Kurhausgarten finden in der Zeit von Mai bis Oktober regelmäßig Kurkonzerte statt. Der gepflegte, baumbestandene Kurpark schließt sich an. Er ist weitläufiger, als wir ursprünglich annahmen.
Haus des Kurgastes
Wir fragen uns zur Mühlenstraße durch, um noch einen Blick auf die 1866 gebaute Holländermühle zu werfen. Bis 1991 wurde in der Mühle noch Korn gemahlen; danach wurde sie in ein Restaurant umgewandelt. Wir folgen der von Läden gesäumten Mühlenstraße etwa 500 Meter bis zur evangelischen Kirche. Geweiht wurde sie im Jahr 1871. Sie war die dritte Kirche am gleichen Standort. Geöffnet ist sie täglich an Nachmittagen. In den Seitenschiffen fallen uns zwei von den Warnemünder Lotsenkommandeuren geschenkte Votivschiffe auf. Experten datieren den Schnitzaltar in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts zurück.
Warnemündes Holländermühle
An der Kirche schließen wir unseren Rundgang durch Warnemünde ab. Wir halten uns in östlicher Richtung, passieren erneut den Bahnhof und gehen durch eine Unterführung bis zum Fahrwasser. Dort halten wir uns nach rechts und sehen bald darauf das Cruise Terminal und unser Kreuzfahrtschiff.
Resümee
Warum bei einer Schiffsankunft in die Bundeshauptstadt Berlin fahren? Rostock und das Seebad Warnemünde sind im Verlauf einer Ostsee-Kreuzfahrt allemal einen Besuch wert. Historisch Sehenswertes und die von einem Seebad gebotenen Zerstreuungen könnten nicht besser miteinander kombiniert werden.
Update November 2020