Gerade einmal 15 Stunden braucht ein Kreuzfahrtschiff, um von der südlichen Kapverden-Insel Santiago nach der im Nordwesten des Archipels gelegenen Insel São Vicente zu gelangen. Die Insel ist vulkanischen Ursprungs. Der schöne Naturhafen der Inselhauptstadt Mindelo misst vier Kilometer im Durchmesser. Er entstand durch den Einbruch eines Vulkankraters. Bei passender Beleuchtung erscheint das Wasser der Bucht in einem beinahe unwirklichen Blau.
São Vicente - Felsen im Norden der Insel
Mit dem Taxi in den Norden der Insel
Drei Höhenzüge dominieren im Norden die 227 Quadratkilometer große, trockene Insel. Der höchste der Berge ist der 750 Meter hohe Monte Verde. Der „grüne“ Berg soll unser erste Station sein. Wir verzichteten darauf, eine vom Schiff angebotene Rundtour durch den Norden der Insel zu buchen. Außerhalb des Hafengebiets warten genügend Taxifahrer auf uns. Deren Routenvorschläge folgen den Streckenführungen der von den Reedereien gewählten Tourveranstalter. Zwei Personen im Taxi zahlen deutlich weniger als zwei Personen auf einer Schiffstour. Dafür mangelt es häufig an nützlichen Hinweisen und Erklärungen der Sehenswürdigkeiten. Wir haben Glück: unser Fahrer versteht und spricht ein wenig Englisch.
Auf dem Monte Verde
Die Fahrt führt vom Hafen durch das Zentrum und die Außenbezirke der Stadt stetig bergauf in das dünn besiedelte Land.
Die spektakuläre Tour auf der kopfsteingepflasterten Straße endet kurz unterhalb des Gipfels des Monte Verde. Bei gutem Wetter muss der Ausblick traumhaft schön sein. Wenn keine Wolken um den Berg hängen, geht der Blick weit über das Land und das Meer bis hinüber zur Nachbarinsel Santa Antão. Wir haben Pech. Am Hafen starten wir bei Sonnenschein, und nun liegt der Gipfel des Berges in dichten Wolken. Mit uns trifft eine Touristengruppe vom Schiff ein. Die Urlauber stehen frierend am Abgrund des Berges. Zwischen Wolkenlücken erahnen wir alle das tief unter uns liegend Land. Schade, das hatten wir uns anders vorgestellt.
São Vicente - Frierende Urlauber am Monte Verde
Buchten für Kitesurfer, Sonnenanbeter und Schwimmer
Der Fahrer fährt weiter nach Salamansa, einem Ort, der landseitig an einer Bergflanke liegt. Davor erstreckt sich das Meer. Die nach Nordosten verlaufende Bucht ist Anziehungspunkt für Kitesurfer. Wir stellen uns vor, wie die kräftige Brandung den Surfern einiges Können abverlangt. Zwei Container und eine Strandbar markieren den Stützpunkt der Kitesurfer.

São Vicente - Strand von Salamansa

São Vicente - Stützpunkt der Kitesurfer
Das nächste Ziel ist die Baia das Gatas. Die Katzenbucht ist ein wenig inspirierender Ort. Sie wird wegen des auch für Kinder geeigneten Strandes empfohlen. Zwei oder drei Restaurants und Strandbars sorgen für das leibliche Wohl der Besucher. Wir fühlen uns von der Siedlung nicht angesprochen.

São Vicente - Strand von Baia das Gatas

São Vicente - Restaurants in Baia das Gatas
Die Dünenlandschaft der Praia Grande
Weiter geht es zur Dünenlandschaft Praia Grande. An der Strecke liegt eine Fischergemeinschaft. Mehrere einfache Gebäude und einige Boote bieten den Menschen Unterkunft sowie ein bescheidenes Einkommen.
São Vicente - Fischergemeinschaft nahe Baia das Gatas
Die Dünenlandschaft der Praia Grande erinnert ein wenig an die Düne von Pilat nahe Arcachon an der französischen Atlantikküste. Die Dünen sind hoch aufgetürmt und weitläufig. Von der oberhalb der Dünen verlaufenden Straße sind sie gut anzuschauen.

São Vicente - die Dünenlandschaft von Praia Grande

São Vicente - der Atlantik bei Praia Grande
Bevor wir auf Calhau zufahren, erblicken wir vor uns das Massiv des Pico do Vento. Der Ort selbst bietet nichts Sehenswertes.

São Vicente - der Pico de Vento

São Vicente - Calhau
Von Calhau nach Mindelo
Interessant wird es dagegen abseits der Straße die Calhau mit Mindelo verbindet. Sie führt durch das Ribeira de Calhau. Das unterhalb des Monte Verde gelegene, teilweise von Palmen gesäumte Tal ist das Agrarzentrum auf São Vicente, auch wenn ein Blick über die trockene Landschaft anderes vermuten lässt.

São Vicente - Farmland im Ribeira de Calhau

São Vicente - Ribeira de Calhau
Mit dem Fahrer ist ausgemacht, uns im Zentrum von Mindelo abzusetzen. Die Fahrt hat gute drei Stunden gedauert. Wir hätten unseren Fahrer auch vier oder fünf Stunden beanspruchen können, das hätte am vereinbarten Preis von 50 Euro nichts geändert. Für die vergleichbare Schiffstour hätten wir annähernd das Doppelte zahlen müssen.
Stadtrundgang durch Mindelo
An der Réplica Torre Belém steigen wir aus. Im Portugiesischem steht der Name für Bethlehem. Im westlichen Stadtteil der portugiesischen Hauptstadt Lissabon steht am Fluss Tejo der gleichnamige, originale Torre de Belém. Der Nachbau in Mindelo ist zwar nicht ganz so imposant wie das Original geraten, aber sehenswert ist der Bau allemal. Für 1 Euro darf man das Gebäude betreten und eine kleine Fotoausstellung ansehen.
Auf dem "Torre de Belém"
Von den beiden oberen Plattformen genießen wir einen ausgezeichneten Blick über die aus der Kolonialzeit stammenden Häuser entlang der Avenida Marginal, die Hafenbucht und die umgebende Hügellandschaft.
Vom Turm ist die Ilhéu dos Pássaros, die „Insel der Vögel“, gut zu sehen. Wir werden später mit dem Schiff an der spitz aufragenden Felsnadel vorbeifahren. Ein alter Leuchtturm krönt den Felsen. Ein abenteuerlicher Treppenaufgang führt hinauf zum Leuchtturm. Gut zu erkennen ist auch der Aussichtspunkt Fortim del Rei. Das verfallene, ehemalige Gefängnis aus der Kolonialzeit thront auf einem Felsen über dem Hafen. Wir entscheiden spontan, uns den Aufstieg zu dieser Ruine nicht anzutun.

São Vicente - Ilheu dos Passaros

São Vicente - Fortim del Rei
Besuch auf dem Fischmarkt
Nicht verzichten wollen wir auf einen Stadtrundgang durch Mindelo. Wir verlassen den Turm, statten dem Fischmarkt einen kurzen Besuch ab und werfen einen Blick auf das Denkmal, des im 15. Jahrhundert rührigen, portugiesischen Entdeckers Diogo Afonso.

São Vicente - Dörrfisch à la Cabo Verde

São Vicente - Denkmal des Diogo Alfonso
Dann gehen wir die Avenida Marginal in Richtung des Jachthafens entlang. Von den in Reiseführern beschriebenen Herrenhäusern aus der Kolonialzeit sehen wir nichts. Vielmehr säumen farbige, kleinere Gebäude die Uferstraße. In den Häusern befinden sich Geschäfte und Büros. Alles wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Wir sehen auf der Mitte der Straße das einen gewaltigen Adler darstellende steinerne Fliegermonument. Es erinnert an die erste Atlantiküberquerung mit einem Flugboot auf südlicher Route im Jahr 1922. São Vicente diente den Piloten dabei als Zwischenstation.

São Vicente - Avenida Marginal

São Vicente - Mindelos Fliegermonument
Kulturzentrum im Alten Zollhaus
Dem Fliegerdenkmal gegenüber liegt das alte Zollhaus. Heute ist es das Kulturzentrum der Stadt. Mindelo gilt als „Kulturhauptstadt“ der Kapverdischen Inseln. Und immer wird betont, dass der Karneval auf São Vicente etwas ganz Besonderes sei.
São Vicente - Mindelos Kulturzentrum im alten Zollhaus
Am Kulturzentrum biegen wir nach rechts ins Zentrum der Stadt ab. Unser nächstes Ziel ist der sehenswerte Palácio do Povo (Palast des Volkes). Das ursprünglich Palácio do Governador genannte Gebäude dient dem Präsidenten der Republik als Dienstsitz auf São Vicente.
Wir folgen dem Weg bis zu Mindelos Konkathedrale Nossa Senhora da Luz. Leider ist die Kirche geschlossen. Um die Ecke herum liegt das Centro Nacional de Artesanato. Es ist dem Kunstschaffen kapverdischer Künstler gewidmet.
Mehr als eine Markthalle
Es ist Zeit, zum Schiff zurückzugehen. Wir schlendern an der örtlichen Handelskammer vorbei und statten noch der zweigeschossigen Markthalle, dem Mercado Municipal, einen Besuch ab. Die Markthalle bietet genügend Platz für die Marktstände und anderes Gewerbe. Beispielsweise kann man den Marktbesuch gleich mit einer Visite beim Friseur verbinden.
Sao Vicente - Mindelo - Mercado Municipal
Von der Markthalle geht man nicht einmal eine halbe Stunde bis zum Hafentor des Porto Grande. Der Weg führt am Wasser entlang. Im Hafenwasser dümpeln Jachten, und eine Säule an Land erinnert nochmals an die Atlantikquerung mit dem Flugboot. Die Temperaturen sind angenehm. Hier ließe es sich noch einige Zeit aushalten. Das Schiff wird jedoch nicht warten wollen.
Sao Vicente - Mindelo - Hafentor Porto Grande
Fazit
São Vicente ist eine karge Insel. Die abwechslungsreiche Landschaft gefällt uns jedoch sehr gut. Ebenso wie Mindelo, die quirlige Stadt an der weiten Bucht.