Aus der Sicht von Tagesgästen ist Estlands Hauptstadt Tallinn eine einladende und überschaubare Großstadt. Den Besuchern stellt sich unwillkürlich die Frage, wo die mehr als 438.000 Einwohner leben. Die Top Tallinn Sehenswürdigkeiten beschränken sich hauptsächlich auf die in eine Ober- und Unterstadt gegliederte Altstadt. Tallinns wesentliche Attraktionen sind im Verlauf eines Tages anzusehen. Das Besuchsprogramm schließt gegebenenfalls noch die Sängerfestwiese und eine Klosterruine im Vorort Pirita ein. Bestimmte hochgejazzte Viertel und Ziele, wie die Telliskivi Creative City, das Zentrum der kreativen Szene, oder den Balti Jaam Markt sparen wir aus. Weitere häufig genannte Highlights, wie der Fernsehturm, der Botanische Garten oder das Schloss Katharinental mit dem Kumu-Museum sprengen definitiv den zeitlichen Rahmen. Sie liegen im Umfeld der Stadt und scheiden deshalb aus.
Tallinn – UNESCO Welterbestadt
Zur Würdigung des kulturellen und historischen Erbes hat die UNESCO Tallinn im Jahr 1997 in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Die Stadt ist reich an öffentlichen Parks, Festungsanlagen, Kirchen und profanen Bauten.
Restaurant in Tallinns Altstadt
Die vielen in der Altstadt geballten Sehenswürdigkeiten sind angenehm für jene Besucher, die mit Kreuzfahrtschiffen anreisen. Sie nutzen die seit 2021 bestehende Promenade, um vom Kreuzfahrtterminal in die nahe gelegene Unterstadt zu gehen.
Tallinns Kreuzfahrtterminal
Kreuzfahrtschiffe an Tallinns Kreuzfahrtterminal
Der Domberg mit der Oberstadt
Der Domberg (estnisch: Toompea) stellt seit jeher das politische Machtzentrum der Stadt und des Landes dar. Auf dem Hügel residierten Bischöfe, Ritter und die Reichsten der Reichen. Die Attraktionen des Dombergs sind zwei Kirchen, das Parlamentsgebäude und mehrere Aussichtsplattformen.
Domkirche zu St. Marien
Zu den Wahrzeichen Tallins zählt die protestantische Domkirche zu St. Marien. Dokumente des Vatikans belegen, dass in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine einschiffige Kirche auf dem Domberg errichtet wurde. Im 14. Jahrhundert wurde mit dem Umbau der Kirche in eine dreischiffige Basilika begonnen. Die Bauarbeiten dauerten annähernd hundert Jahre. Beim Feuer auf dem Domberg in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde St. Marien stark beschädigt. Weitere Baumaßnahmen wurden notwendig und führten zu einer Vermengung der Baustile.
Die Kirche diente vom 13. Jahrhundert an als Begräbnisstätte reicher Bürger. Die aus jener Zeit stammenden Grabplatten und Sarkophage bezeugen diese Tradition. An den Wänden hängen 107 Gedenktafeln mit Wappen von Adligen deutsch-baltischer Herkunft.
Domkirche zu St. Marien - Sarkophage
Domkirche zu St. Marien - Familienwappen
Der Eintritt in die Kirche ist frei; die Turmbesteigung ist kostenpflichtig.
Aleksander Nevski Kathedrale
Die von fünf Zwiebeltürmen geschmückte russisch-orthodoxe Aleksander Nevski Kathedrale wurde im Jahr 1900 geweiht. Das Gotteshaus ist eine verkleinerte Variante der Moskauer Basilius-Kathedrale. Den Innenraum der Nevski Kathedrale prägen prächtige Goldapplikationen, Mosaiken und kostbare Ikonen.
Aleksander Nevski Kathedrale
Aleksander Nevski Kathedrale - Ikonenwand
Der Besuch der Kirche ist kostenlos.
Achtung: In der Kathedrale darf nicht fotografiert werden.
Tallins Burg
Tallins Burg- und Schlossanlage, das Castrum Danorum, wurde von dänischen Rittern zu Beginn des 13. Jahrhunderts auf dem Domberg errichtet. In der Folgezeit wurde die Anlage vom deutschen Schwertbrüderorden weiter ausgebaut. Nicht zu übersehen ist der „Großer Herrmann“ genannte Eckturm. Er ist einer von mehreren Wehrtürmen der Festung. Der Große Hermann ist 46 Meter hoch; tagsüber ist Estlands Flagge auf der obersten Plattform gehisst. Estlands Parlament nutzt die fotogene Anlage für Zusammenkünfte.
Tallins Burg - Parlamentsgebäude
Tallins Burg - Parlamentsgebäude mit dem Großen Hermann
Die Estnische Akademie der Wissenschaften
Hinter dem Begriff Estnische Akademie der Wissenschaften verbirgt sich die Vereinigung der estnischen Spitzenwissenschaftler. Die Akademie stellt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1938 als Gelehrtengesellschaft dar. Die Vereinigung residiert im ehemaligen Palais Ungern-Sternberg, einem sehenswerten Gebäude vom Reißbrett des Berliner Architekten Martin Gropius.
Estnische Akademie der Wissenschaften
Standort: Kohtu 6
Das Haus der estnischen Ritterschaft
Neben der Domkirche befindet sich der einstmalige Versammlungsort der estnischen Ritterschaft. Das markante, grün gestrichene Gebäude ist ein estnisches Kulturdenkmal. Derzeit steht es leer und wird renoviert. In der Zukunft wird es vorrangig Repräsentationszwecken dienen.
Haus der estnischen Ritterschaft
Standort: Kiriku plats 1
Panoramablicke auf die Unterstadt
Beste Panoramablicke auf Tallinn Sehenswürdigkeiten der Unterstadt und die Hochhäuser des Finanzviertels gewährt die an der Kohtu Straße gelegene Aussichtsplattform Kohtuotsa. Der Blick reicht bis zum Fährhafen und zum Liegeplatz der Kreuzfahrtschiffe.
Wege von der Ober- in die Unterstadt
Zwei malerische, mit merkwürdigen Namen bezeichnete Wege verbinden die beiden Stadtviertel. Sie heißen Pikk jalg (Langes Bein) und Lühike jalg (Kurzes Bein). Der relativ gerade verlaufende und längere Pikk Jalg diente in alter Zeit der Versorgung des Dombergs mit Waren aller Art. Lühike jalg ist kürzer und besteht teilweise aus Treppen. In der Gasse siedelten sich kleine Gewerbe und Kunstgeschäfte an.
Tallinn - Pikk jalg
Tallinn - Treppen zur Unterstadt
Garten des dänischen Königs
Auf halbem Weg zwischen dem Domberg und der Unterstadt liegt eine schöne, von Stadtmauern begrenzte Parkanlage, der „Garten des dänischen Königs“. Der Legende nach schlug König Valdemar II. von Dänemark auf dieser Anhöhe sein Feldlager vor dem Sturm auf den Domberg auf. Der Garten grenzt an die „Kiek in de Kök Bastion“, den Marstallturm und den Jungfernturm.
Garten des dänischen Königs mit der Stadtmauer
Garten des dänischen Königs
Kiek in de Kök und weitere Festungstürme
Auf ungefähr 500 Metern Länge liegen zwischen dem Festungsturm Kiek in de Kök und dem Tor Am langen Domberg (Väravatorn) der Jungfernturm und der Marstallturm. Kiek in de Kök wird in der Gegenwart als Festungsmuseum genutzt. Im Jungfernturm und in den unterirdischen Bastionsgängen erfahren Besucher Einzelheiten zu Tallinns Geschichte. Dieser Festungsturm wurde zwischen 1475 und 1483 gebaut. Die unterirdischen Bastionsgänge entstanden dagegen erst im 17. und 18. Jahrhundert.
Marstallturm - Stadtseite
Tallinns Unterstadt
In der Unterstadt dürfen sich die Besucher auf ein in weiten Teilen erhaltenes, mittelalterliches Stadtbild freuen. Dessen Kennzeichen sind schmale Straßen und Gassen, Kopfsteinpflaster, jahrhundertealte Bausubstanz, Innenhöfe und Durchgänge mit Läden, Cafés, Restaurants.
Restaurant in Tallinns Altstadt
Der Rathausplatz mit dem Rathaus und der Ratsapotheke
Den von historischen Bauten umgebenen historischen Rathausplatz gab es bereits im Mittelalter. Er war vieles in einem: Marktplatz, Veranstaltungsort von Feierlichkeiten und Standort des Prangers. Der herausragende Bau des weitläufigen Platzes ist das gotische Rathaus (Tallinna raekoda), das einzige seiner Art in Nordeuropa. Erbaut wurde es zwischen den Jahren 1402 und 1404. Das Rathaus wird für Empfänge und Konzerte genutzt. In den Sommermonaten darf es einschließlich des 64 Meter hohen, achteckigen Rathausturms besichtigt werden. Auf der Turmspitze steht der „Alte Thomas“, eine Wetterfahne aus dem Jahr 1530.
Rathaus: Zwischen Juli und Mitte September ist das Rathaus an einzelnen Wochentagen für Besucher geöffnet.
Rathausturm: In den Monaten Juli und August darf der Turm an allen Tagen zwischen 9:00 und 19:00 Uhr bestiegen werden.
Ein weiteres Wahrzeichen des Rathausmarktes ist unter den vielen historischen Bauten die Ratsapotheke. Sie ist eine der ältesten Apotheken Europas, und angeblich ist sie Tallinns ältestes Unternehmen. Sie wurde erstmals im Jahr 1422 urkundlich erwähnt. Im hinteren Teil des Ladenlokals erfahren Besucher, wie im Mittelalter mit Kranken umgegangen wurde; sie lernen Apothekerwerkzeuge kennen und erfahren mehr über die Geschichte der Apotheke.
Tallinn - Rathausapotheke
Tallinn - Rathausapotheke
Tallinns Stadtmauern und Stadttore
Besucher der Tallinner Altstadt betreten die Unterstadt durch eines der Stadttore. Die im Mittelalter (13. Jahrhundert) errichtete, drei Meter dicke Stadtmauer war ursprünglich vier Kilometer lang. Die bis zu 16 Meter hohe Mauer besaß 46 Wehrtürme, von denen noch mehr als 20 Türme erhalten sind. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Mauer stetig optimiert. Die letzte Veränderung erfolgte im 17. Jahrhundert. Ein Rückbau der Mauer wurde im 19. Jahrhundert eingeleitet. Von der Mauer sind aktuell noch annähernd zweieinhalb Kilometer vorhanden.
Die Lehmpforte
Die heute von zwei Rundtürmen flankierte Lehmpforte (Viru värava) war eines der Stadttore. Sie bildete den östlichen Zugang zur Unterstadt. Der Name stammt von den Lehmgruben, die vor der Stadt lagen. Ursprünglich schützte ein fünfgeschossiger Hauptturm diesen Zugang zur Stadt. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Festungsturm geschleift. Das eigentliche Stadttor fiel 40 Jahre später; die zwei dekorativen Rundtürme erinnern an das ehemalige Stadttor.
Tallinn - die Wehrtürme der Lehmpforte
Die Dicke Margarethe mit der großen Strandpforte
Der mächtige Kanonenturm trägt zu Recht die Bezeichnung „dick“. Der Gefechtsturm mit den Kanonen wurde im 16. Jahrhundert in zwanzigjähriger Bauzeit geschaffen. Seine Hauptaufgabe bestand darin, Tallinn vor Angriffen vom Wasser her zu bewahren. Gegenwärtig ist die Dicke Margarethe der Standort des Estnischen Schifffahrtsmuseums.
Kanonenturm Dicke Margarethe
Strandpforte
Katharinengang mit dem Hof der Meister
Der Katharinengang verbindet die Straßen Vene und Müürivahe. Nach der Durchquerung eines gewaltigen Torbogens öffnet sich dem Besucher eine schmale, malerische Gasse, in der Künstler ihr traditionelles Handwerk ausüben. Die Künstler produzieren hochwertiges Glas, Keramik sowie Schmuckstücke und lassen sich bei der Arbeit gern über die Schulter blicken.
Zugang zur Katharinengilde
Einen Teil der Passage nimmt das Katariina kirik Kulturzentrum ein. In einem ehemaligen Dominikanerkloster finden Kunstausstellungen, Theateraufführungen und andere Events statt.
Katariina kirik Kulturzentrum
Holzarbeiten im Katariina kirik Kulturzentrum
Gildehäuser
Tallinns Kaufleute genossen im 14. und den folgenden Jahrhunderten im Ostseeraum einen herausragenden Ruf. Zur Stärkung ihrer Stellung gründeten die Kaufleute wie in anderen Ländern einflussreiche Gilden. Die Zünfte manifestierten ihre Macht in prächtigen, an der Pikk Straße errichteten Gildehäusern. Diese Bauten zählen zu den schönsten Gebäuden der Altstadt. Ein bemerkenswertes Beispiel für die Gildehäuser ist das im Jahr 1410 fertiggestellte Haus der Großen Gilde. Sie war die einflussreichste Zunft der Stadt. Die Aufnahmebedingungen in diese Gilde waren entsprechend hoch: Voraussetzungen waren Reichtum, Ehestand und deutsche Herkunft. Wer diese drei Bedingen erfüllte, durfte sich in der Gewölbehalle mit seinesgleichen treffen. Heute nutzt das Estnische Historische Museum die Räumlichkeiten.
Tallinn - Haus der Großen Gilde
Kirchenbauten der Unterstadt
St. Olaikirche H4
Mit dem Bau der St. Olaikirche wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im nördlichen Teil der Tallinner Altstadt begonnen. Der 124 Meter hohe Turm dient Besuchern als Wegweiser zur St. Olaikirche. Der Turm hatte ursprünglich eine Höhe von 159 Metern. Er galt im 16. und 17. Jahrhundert als höchstes Gebäude der Welt. Es diente zugleich als Glockenturm und Leuchtturm. Nachdem die Kirche zweimal nach Blitzschlägen ausgebrannt war, wurde der Wiederaufbau im Jahr 1840 mit einem deutlich geschrumpften Glockenturm abgeschlossen.
Turmspitze der St. Olaikirche
Kirchenschiff der St. Olaikirche
Heiliggeistkirche
Die gotische Heiliggeistkirche in Tallinns Zentrum ist ein Bauwerk des 14. Jahrhunderts. Bemerkenswerte Details sind der schlanke, achteckige Turm und die blaugrundige, in die Fassade eingelassene Uhr. Die Uhr stammt aus dem 17. Jahrhundert. Sie war die erste öffentliche Zeitanzeige der Stadt.
Tallinn - Heiliggeistkirche
Tallinn - Uhr der Heiliggeistkirche
St. Peter und Paul Pfarrkirche
Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul war anfänglich das Dominikanerkloster St. Katharinen. Die schlichte, dreischiffige Basilika besitzt eine klassizistische Fassade mit zwei Türmen und steht im Rang einer Prokathedrale.
Tallinn - St. Peter und Paul Pfarrkirche
Tallinn - St. Peter und Paul Pfarrkirche
Weitere Tallinn Sehenswürdigkeiten vor den Toren der Stadt
Sängerfestwiese
Zwischen dem von Zar Peter dem Großen erbauten Schloss Katharinental und der Klosterruine von Pirita liegt das Gelände des Tallinn Song Festivals. Das erste „estnische Liederfest“ für Chöre fand im Jahr 1869 statt. Seitdem werden solche Sängerfeste zusammen mit Tanzfesten im zeitlichen Abstand von fünf Jahren organisiert. Mehrere Zehntausend Sänger und Tänzer treten gemeinsam auf. Symbole des Festivals sind die muschelförmige Sängerbühne und ein 42 Meter hoher Turm, an dessen Spitze zu Beginn des Liederfestes ein Feuer entzündet wird.
Tallinn - Bühne der Sängerfestwiese
Pirita Klosterruine
Ein sehenswertes Ziel in Tallinns Vorort Pirita ist die Klosterruine des Brigittenordens. Bis zu seiner Zerstörung im Livländischen Krieg (1577) galt das Kloster als das größte sakrale Bauwerk Nordeuropas. Von dem Kloster stehen noch die Stirnseiten und die Seitenmauern.
Prita - Klosterruine des Brigittenordens
Mai 2023