Nizza - Hauptstadt der Côte d’Azur
Das Fremdenverkehrsamt Nizza beschreibt die Stadt mit diesen Worten: „Nizza ist die fünftgrößte Stadt Frankreichs, die Hauptstadt der Côte d’Azur und nach Paris das zweitwichtigste Reiseziel für den internationalen Tourismus in Frankreich“.
Nizza - Altstadt - Rue Rossetti
Zu erwähnen ist ferner, dass etwa fünf Millionen Touristen jährlich die 350.000 Einwohner zählende Stadt besuchen. Unter den Besuchern sind auch mehr als 467.000 Passagiere von Kreuzfahrtschiffen. Die reisen über den zweitgrößten französischen Kreuzfahrthafen an, gemeint ist die Reede von Villefranche-sur-Mer.
Ende Mai besuchen wir Villefranche-sur-Mer mit dem Kreuzfahrtschiff Celebrity Reflection. Wir empfinden die Kleinstadt als ansprechendes Etappenziel. Das ist nicht verwunderlich, schließlich besuchen wir eine der attraktivsten Mittelmeerregionen. Viel zu entdecken gibt es in Villefranche jedoch nicht.
Celebrity Reflection - vor Villefranche-sur-Mer
Das wussten wir bereits vor Antritt unserer Kreuzfahrt. Deshalb entschieden wir uns für einen Besuch der attraktiven Stadt Nizza.
Avenue Jean Médecin
Mit einem der sauberen und regelmäßig verkehrenden Regionalzüge fahren wir von Villefranche in das nur wenige Kilometer entfernte Nizza. Dessen Hauptbahnhof an der Avenue Thiers ist Ausgangspunkt für unseren mehrstündigen Stadtrundgang.
Wir gehen bis zur nahegelegenen Avenue Jean Médecin. Dieser Straße folgen wir in Richtung Promenade des Anglais. Wären wir nicht in die Avenue Jean Médecin abgebogen, hätten wir das Musée National Marc Chagall besuchen können. Das steht heute allerdings nicht auf dem Programm.
Bahnhof Nice-Ville
Nizza - Avenue Jean Médecin
An der schnurgerade verlaufenden Avenue residieren die gewohnten Unternehmen, die sich Geschäftslagen im Zentrum einer Stadt leisten können: Banken, Versicherungen, Telefonläden, Kaufhäuser etc.
Nach kurzem Weg erreichen wir die auf der rechten Straßenseite liegende Basilique Notre-Dame de l’Assomption (Mariä Himmelfahrt), eine mächtige im neugotischen Stil erbaute Hallenkirche. Sie ist nicht zu verfehlen. Ihre Fassade erinnert an Notre Dame in Paris. Was althergebracht wirkt, täuscht jedoch. Erst im Jahr 1864 wurde mit dem Bau der Kirche begonnen. Vier Jahre später fanden trotz des unfertigen Zustands erste Gottesdienste statt. Nach langwierigen Verzögerungen, es mangelte am Geld, wurde die Basilika 1879 als vollendet erklärt. Im Oktober 2020 war das Gotteshaus Ziel eines islamistischen Terroranschlages mit mehreren Toten und Verletzten.
Basilika Notre-Dame de l’Assomption
Basilika Notre-Dame de l’Assomption - Kirchenschiff
Die Fontaine du Soleil an der Place Masséna
Die Avenue Jean Médecin führt direkt zur Place Masséna. An der liegen rechts und links weitläufige Promenaden mit Wasserspielen und Grünanlagen. Großzügige Bauten begrenzen den Platz zum Süden hin.
Place Masséna
Den Platz dominiert die Fontaine du Soleil genannte Brunnenanlage. Die sieben Meter hohe, Apollo-Statue bedarf der besonderen Würdigung. Sie besteht aus Marmor. Wie nachzulesen ist, wurde der Brunnen im Jahr 1956 mit großem Pomp enthüllt. Die Statue des Apoll geriet bald darauf zur Skandalfigur. Immerhin präsentierte sich der Gott des Lichts als wohlgestalteter nackter Mann. Noch dazu in vierfacher Vergrößerung. Auch das Symbol seiner Männlichkeit geriet entsprechend groß.
Place Masséna - Brunnen mit der Statue des Apoll
Das war den damaligen prüden Sittenwächtern Nizzas dann doch zu viel. Was im bibelfesten Rom allenthalben an unbekleideten Statuen herumsteht, erregte in Nizza Anstoß. Bevor im Jahr 1979 eine katholische Frauengruppe das zeitweilige Verschwinden des schönen Mannes von der Place Masséna bewirken konnte, musste der Bildhauer dem griechischen Gott erst einmal mit Hammer und Meißel zu Leibe rücken, um den Stein des Anstoßes zu minimieren. Vor etwa 15 Jahren durfte Apollo dann doch wieder seinen angestammten Platz einnehmen.
Die Promenade des Anglais
Etwa 150 Meter Luftlinie trennen die Fontaine du Soleil vom Mittelmeer, genauer: der Baie des Anges. Parallel zum Meer verläuft die breite, etwa sieben Kilometer lange Promenade des Anglais. An der Promenade liegen nicht nur die vielen öffentlichen und privaten Badestrände sondern auch das Casino, große Hotels und elegante Villen. Eine besondere Landmarke ist das weltberühmte, unter Denkmalschutz stehende Hotel Negresco. Das lassen wir uns nicht entgehen.
Von der Place Masséna folgen wir der am Jardin Albert 1er entlangführenden Straße zur Promenade des Anglais. Vorbei an einem altmodischen Kinderkarussell und dem gewaltigen Monument du Centenaire, gehen wir die sechsspurige, von einem breiten Mittelstreifen getrennte Promenade entlang. Das Monument du Centenaire stellt die griechische Siegesgöttin Nike dar. Es wurde im Jahr 1896 zum 100. Jahrestag des Anschlusses der Stadt Nizza an Frankreich errichtet.
Monument du Centenaire - Die Siegesgöttin Nike
Wir passieren das große Meridien-Hotel, das Casino, danach das Hotel Le Royal. In der Ferne sehen wir schon die Kuppel des Negresco. Der Weg zieht sich hin. Vielleicht bewirken die auf der Prachtstraße stattfindenden Bauarbeiten eine Änderung unseres Vorhabens. Die rechte Stimmung will nicht aufkommen. Also kehren wir um und folgen der hoch über dem Meer gelegenen Strandpromenade in östlicher Richtung.
Kuppel des Hotels Negresco
Unter uns liegen der grobe Kiesstrand und die vielen gepflegten Badeanstalten und Restaurants. Gut gefällt uns beispielsweise der Privatstrand des Hotels Meridien. Im Übrigen patrouillieren auf der Promenade schwer bewaffnete Soldaten in Viergruppen. Vermutlich als Folge des terroristischen Aktes, der am 14. Juli 2016, dem französischen Nationalfeiertag, achtzig Menschen das Leben kostete.
Schwer bewaffnete Soldaten auf der Promenade des Anglais
Promenade des Anglais - privater Strandabschnitt
Kunst im öffentlichen Raum
Auf der Höhe der Avenue des Phocéens geht die Promenade in den Quai des États-Unis über. Dort stehen auf engem Raum drei Kunstwerke. Es sind:
- das Monument Neuf Lignes Obliques.
Die 30 Meter hohe Stahlskulptur symbolisiert die neun Täler der ehemaligen Grafschaft Nizza. Sie wurde zum 150. Jubiläum des Anschlusses der Stadt Nizza an Frankreich eingeweiht. - der drei Meter hohe, zweidimensionale Chaise de SAB auf der Höhe der Hausnummer 107.
Dieser Stuhl ist eine Hommage an die vielen Hundert blauen Stühle, die Anfang der 1950er-Jahre in Nizza auf der Promenade des Anglais standen und gegen ein geringes Entgelt vermietet wurden. - eine Nachbildung der New Yorker Freiheitsstatue.
Das Replikat wurde zwischen dem Opernhaus von Nizza und der Strandpromenade platziert.
Pointe Rauba Capeu
Auf den Quai des États-Unis folgt der Quai Rauba Capeu. An der Pointe Rauba Capeu zieht eine große Sonnenuhr die Betrachter in den Bann. Sie bedarf des menschlichen Einsatzes. Stellt man sich auf bestimmte Markierungen im Boden, wirft der eigene Körper einen Schatten, der die Uhrzeit anzeigt. Bei 300 Sonnentagen im Jahr lohnt es sich, einen eigenen Schatten zu werfen.
Wir folgen der Straße noch ein kurzes Stück, um das hinter einer Felsspitze liegende Monument aux Morts de Rauba-Capeu zu sehen. Das circa 32 Meter hohe, in den Colline du Château eingelassene Denkmal erinnert an die 3.665 Einwohner Nizzas, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben verloren. Fünf Stufen führen zum Denkmal hinauf. Jede Stufe steht für ein Kriegsjahr.
Monument aux Morts de Rauba-Capeu
Die Colline du Château
Über dem Monument erhebt sich der Hügel Colline du Château. Auf den mehr als 90 Meter hohen Hügel führen Treppen und ein bequemer Aufzug, der Ascenseur du Chateau. Wir finden den Aufzug gut versteckt 50 Meter links neben dem Hotel Suisse. Das liegt in der Nähe der Pointe Rauba Capeu.
Aufzug zum Colline du Château
Weg zum Aufzug
Die Colline du Chateau ist eine 20 Hektar große Parkanlage mit einigen dekorativen Ruinen und schönem Baumbestand. Autos sind ausgesperrt. Die Besucher genießen die Ruhe des Parks, und sie genießen wunderbare Blicke auf die Baie des Anges, die Altstadt, den Port Lympia und die hügelreiche Umgebung. Und für Kinder gibt es Spielplätze.
Das Schloss und die dazugehörige Festung, sie galt ursprünglich als uneinnehmbar, wurden 1706 von französischen Truppen auf Geheiß Ludwig XIV. dem Erdboden gleichgemacht. Nizza gehörte in jener Zeit noch nicht zum Königreich Frankreich sondern zum Herzogtum Savoyen. Panoramatafeln geben wertvolle Beschreibungen.
Park des Chateau
Einen künstlichen, meterhohen Wasserfall gibt es ebenfalls. Ein ehemaliges Verlies der Zitadelle wurde in die Kaskade einbezogen. Der Wasserfall diente ab Mitte des 19. Jahrhunderts sowohl der Dekoration des Gartens als auch der Wasserversorgung Nizzas.
Colline du Château - die Kaskade
Von den drei angrenzenden Friedhöfen ist der Jüdische Friedhof der interessanteste.
Nizzas jüdischer Friedhof
Nizzas Altstadt – Vieux Nice
In Friedhofsnähe führen Treppen auf die Rue Rossetti. Der folgen wir bis zur Kathedrale Sainte-Réparate an der Place Rossetti, einem kleinen, von sechs- bis siebengeschossigen Häusern umrahmten Platz. Eine Brunnenanlage mit einem Obelisken fehlt ebenso wenig wie die den Platz beanspruchenden Tische der umliegenden Bars und Restaurants. Frankreich wie es leibt und lebt! Der einzige Schwachpunkt ist die Kathedrale. Sie sollte eigentlich geöffnet sein, leider ist sie verschlossen.
Restaurants vor der Place Rossetti
Kathedrale Sainte-Réparate
Wir gehen durch das Straßengewirr der Altstadt hinüber in die Rue de la Préfecture und passieren die Préfecture, fälschlicherweise an der Rückseite; die Vorderseite ist attraktiver. Auf die Präfektur folgt die Seitenfront des Gerichtsgebäudes und gleich darauf stehen wir auf der Place du Palais de Justice.
Préfecture - Rückseite
Justizpalast an der Place du Palais de Justice
Dieser Platz ist wesentlich größer als die Place Rossetti. Das prächtige Gerichtsgebäude dominiert eine Längsseite des Platzes. Ein weiteres bedeutendes Gebäude auf der anderen Seite des Platzes ist das Palais Rusca. Der denkmalgeschützte Bau entstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Kaserne. Genutzt wird er heute von der Justizverwaltung.
Neben dem Palais Rusca ragt der Tour de l’Horloge auf. Der Uhrturm entstand als Symbol der kommunalen Macht circa 60 Jahre vor dem Palais Rusca.
An einer der Schmalseiten des Platzes plätschert ein großer Brunnen. Und wieder laden die unvermeidlichen Bars und Restaurants zum Verweilen und Konsumieren ein. Nizzas belebte Altstadt gefällt uns sehr.
Brunnen auf der Place du Palais
Promenade du Paillon
Den Rückweg zum Bahnhof legen wir mit einer modernen Straßenbahn zurück. Die nächste an Nizzas Altstadt angrenzende Straßenbahnstation liegt an der innerstädtischen Grünzone Promenade du Paillon. Die mehr als einen Kilometer lange und recht breite Anlage verläuft entlang der Altstadt in Richtung der Bucht von Nizza. Die Promenade wurde abwechslungsreich gestaltet. Liebespaare liegen auf dem Rasen, Senioren ruhen auf Bänken neben Bäumen und Büschen und Kinder toben unter den Augen ihrer Mütter unter sprudelnden Wasserfontänen durch flache Wasserbecken.
Wasserspiele an der Promenade du Paillon
Nizza - Fazit
Wir haben in Nizza viele schöne Dinge gesehen. Viel mehr blieb uns verborgen. Nizza ist an einem Tag nicht zu schaffen! Auch einige Kirchen hätten wir uns gern noch angesehen sowie das Musée Marc Chagall. Von den mehr als 20 anderen Museen ganz zu schweigen.
Und dennoch, was gegen Ende des 19. Jahrhunderts nur Fürsten, Potentaten oder dem Geldadel als Winterdomizil vergönnt war, ist Allgemeingut geworden. Schön, dass es dazu gekommen ist. Villefranche-sur-Mer ist eine wunderbare Tagesetappe auf Kreuzfahrten.
Nützliche Hinweise
Wer nicht gerne läuft, kann den Sightseeing-Bus von Nice L’open tour nehmen. Der Bus hält an allen Sehenswürdigkeiten. Die Fahrt kostete zuletzt 22 Euro (Erwachsene).
Auch die Miniaturzüge der Trains Touristiques de Nice sind eine Alternative zum Gehen. Die einstündige Rundfahrt kostet 10 Euro (Erwachsene).
Außerdem gibt es - über die Stadt verteilt - zahlreiche Stationen mit Mietfahrrädern.
Eine Vielzahl nützlicher Informationen hält im Übrigen die Website https://www.explorenicecotedazur.com/de/ in deutscher Sprache bereit.
Charmant ist die Idee der Nice Greeters. Das sind Einwohner Nizzas unterschiedlichster Couleur. Sie führen in ihrer Freizeit Besucher ehrenamtlich durch die Stadt und zeigen ihnen jene Orte, die ihnen besonders am Herzen liegen.
Update August 2023