05.09.14 Barcelona
Ein dicker Kopf und keine blaugelben Spermien
Die Nacht war hart. Nicht wegen der See, sondern der Härte des letzten Tages. So langsam macht sich die Urlaubsende-Depression breit. Wie kann es bitte sein, dass 20 Tage so schnell verflogen sind? Unglaublich. 20 Arbeitstage vergehen nicht annähernd so schnell.
Zudem schlafen wir auf See gerne bei offener Balkontür, einfach weil es so schön ist, das Meer zu hören und die frische Luft um die Nase zu bekommen. Beides ist schlagartig vorbei, als irgendwelche versprengten Diskobesucher erst auf dem Flur und dann neben uns auf dem Balkon die Party fortsetzen. Statt Meergemurmel nun Suffgegröle und statt frischer Brise zieht ne doppelstöckige Kneipe bei uns rein. Klar machen wir die Balkontür zu, aber als wir dann wieder gegen 9:00 Uhr wach werden, haben wir einen Schädel zum Platzen. Vom Gefühl her könnten wir das gewesen sein mit der Party, zumindest was den Kopf angeht, ich weiß aber genau, dass wir das nicht waren…
Dazu kommt heute Morgen ein drückendwarm-trübes Wetter in Barcelona und so schleppen wir uns heute erst nach 10:00 Uhr in das einzig verbliebene East-Restaurant. Das bedeutet zwar Lachs, aber keine Bananenmilch, ja, man kann es nicht jedem Recht machen, Hauptsache Lachs…
Ein besonderes Highlight ist heute, dass wir plötzlich in der Ferne ein weiteres kleineres Kreuzfahrtschiff erkennen. Je näher es kommt, desto deutlicher wird, dass am Bug nicht etwa ein blaugelbes Spermium, sondern ein Auge mit Wellen neben einem Kussmund gezeichnet ist. Es handelt sich um die AIDAvita, die schon ein paar Tage in unserer Nähe gewesen ist und nun neben uns vorbeiläuft. Das sieht schon toll aus und ich schwanke sehr zwischen Kamera holen, um das zu filmen, oder das Frühstück fortsetzen, da das Restaurant gleich schließt. Es siegt wie immer die Verfressenheit.
Im Gegensatz zu uns darf die AIDAvita dann vor dem World-Trade-Center anlegen, damit sind die Passagiere mittendrin statt nur davor.
Nach dem Frühstück bleibt uns nichts anderes übrig, als den Kopf noch einmal in die Horizontale zu bringen und die Augen zu schließen. Das Ganze begleitet von lautem Schnarchen - ich verrat nicht wer, kann aber sicher bestätigen, dass ich nichts gehört habe…
AIDA hat wieder Shuttle-Busse besorgt, diesmal finde ich den Preis noch grenzwertiger als vor 10 Tagen, da wir diesmal stadteinwärts als erste in der Reihe der Kreuzfahrtschiffe liegen. So gehen diesmal viele wirklich einfach zu Fuß über die Hubbrücke in die Stadt. Das wollen wir auch, aber was soll ich sagen, fraglos ist Barcelona das wert, und wir kommen bestimmt auch wieder, aber wir kommen nicht von Bord. Der dicke Kopf, die Urlaubsenddepression, streikende Kinder, alles zusammen führt dazu, dass wir doch an Bord bleiben.
Stattdessen sitzen wir stundenlang in der Bibliothek und spielen mit den Kindern Skip-Bo, das verrückte Labyrinth und Halli Galli. Danach noch ein bisschen Balkon mit wechselnd trübem Wetter, etwas Niesel, Donner, Sonnenschein bei fast 30°C. So genießen wir einen letzten Tag an Bord.
Beim letzten Abendbrot legt sich AIDA wieder richtig ins Zeug: Hummer, geschmorte Entenbrust, Rinderfilet, Spargel. Danach trifft der Kids-Club die Artisten im Theatrium, diese zeigen, was sie können, die Kids können dann Fragen stellen. Erstaunlicherweise kommt nur die Artistin aus der Ukraine, der Artist stammt aus Kanada. Das ist schon richtige akrobatische Leistung und die Fragestunde ist nett gemacht.
Leider können wir uns dann nicht mehr vor dem Kofferpacken drücken. Und das bedeutet, wieder Klamotten zwischen den Kabinen hin- und hertragen, bis alle Koffer eine gleichmäßige Füllung unterhalb der erlaubten 23 kg haben. Ich glaub, das ist die frustrierendste Tätigkeit des ganzen Urlaubs.
Nachdem wir das alles rechtzeitig vor der Abschlussshow geschafft haben, setzen wir uns noch ein bisschen in die Dämmerung auf den Balkon und genießen die letzten Stunden.
Die Farewell-Show „Fireworks“ und die offizielle Verabschiedung, die wir vor 10 Tagen noch ganz unbeteiligt genießen konnten, gilt diesmal leider auch uns. Dafür bekommen wir diesmal wenigstens problemlos einen Freisekt.
Bis 2 Uhr vor die Kabine gestellte Koffer werden von den Mitarbeitern ins Terminal getragen, das ist eine richtig gute Idee, wenn ich mich daran erinnere, wie voll es bei den letzten Reisen um 9:00 Uhr auf allen Gängen wurde, da dort die Kabinen verlassen werden müssen. Und dann noch 4 Koffer durch die Gegend wuchten, wär keine gute Idee. Deshalb behalten wir nur 1 Koffer in der Kabine, in den morgen die Waschsachen usw. kommen. Und unsere letzte Tat ist heute, die anderen 3 Koffer vor die Tür zu stellen (nur um Missverständnisse zu vermeiden: Vor die Kabinentür. Vor die Schiffstür wäre etwas endgültig geworden).
Die letzte Etappe sind 250 Kilometer bis Palma de Mallorca.
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